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Die ersten hundert Tage als neuer Leiter der Sankt Josefs-Werkstatt liegen bereits hinter Josef Reichl. (Foto: Melanie Benglan)
Josef Reichl ist der neue Leiter der Werkstatt für Menschen mit Behinderung bei den Barmherzigen Brüdern Oberbayern
Vor 15 oder 20 Jahren war er schon mal in Algasing, um Salat fürs Dorffest zu holen. Daran erinnert sich Josef Reichl aber nur noch vage. Und weder damals noch bis vor ein paar Monaten hatte er daran gedacht, hier einmal zu arbeiten.
Hier in Algasing, rund fünf Kilometer nordöstlich der Kleinstadt Dorfen, genießt man bei schönem Wetter einen herrlichen Blick gen bayerisches Voralpenland. Und findet wie Josef Reichl manchmal auf Umwegen seine (neue) berufliche Erfüllung. Was er in seinem Leben schon alles gemacht hat? Der 40-jährige Oberbayer streicht sich, bevor er antwortet, mit der Hand kurz über seinen braunen Vollbart.
Aufgewachsen auf dem Bauernhof liegt eine Ausbildung zum Landwirtschaftsmechaniker nahe – und er bleibt dabei. Er absolviert die Meisterprüfung und leitet die Werkstatt, setzt noch einen Betriebswirt obendrauf. Bis ihn die Herausforderung lockt, und er in einem größeren Konzern der Lebensmittelbranche die Leitung des technischen Bereichs übernimmt: neun Jahre lang und während dieser Zeit eigentlich ganz zufrieden mit seinem Job.
Seit hundert Tagen im Amt
Dann wird ein ehemaliger Kollege auf die Ausschreibung der Barmherzige Brüder Behindertenhilfe Oberbayern, die einen neuen Leiter für die St. Josefs-Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM)- sucht, aufmerksam. Und gibt diese Info postwendend an Josef Reichl weiter. Da seinem bisherigen Arbeitgeber gerade eine Übernahme nebst Umstrukturierungen bevorstehen, hält auch Reichl beruflich Ausschau.
Der Tipp kommt für ihn zum richtigen Zeitpunkt – oder wie er es ausdrückt: „Da sind mir irgendwie die Barmherzigen Brüder in die Suche reingelaufen.“ Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: zum Handy gegriffen, Bewerbung geschickt, beim Geschäftsführer vorgestellt, Zusage bekommen. Seit fast hundert Tagen ist er als neuer Werkstattleiter nun im Amt. In dieser Zeit hat er seine 18 Mitarbeitenden und die rund 130 Beschäftigten kennengelernt, die Bande zu bestehenden Auftraggebern intensiviert und Kontakte für mögliche neue Kooperationen aufgenommen.
Kontinuierliche Aufträge wie die Montage von Skibindungen für Dynafit, von Christbaumständern für Krinner oder von Fußbodenheizungen für Halmburger sind für die Werkstattbeschäftigten wichtig. Für viele von ihnen bedeuten gleichbleibende Abläufe Sicherheit. Aber auch hier gilt: Neue Aufträge sichern die Wirtschaftlichkeit und die Arbeitsplätze.
Familienzeit statt Wochenenddienste
Potential sieht Josef Reichl in der bereits bestehenden Abfüllung von Lebensmitteln, einer Branche, in der er sich auskennt – aktuell Getreide, Müsli und Mehl für Tagwerk, aber auch Essige, Öle und Liköre im eigenen Namen. Möglichkeiten bietet ihm der neue Job aber auch privat.
Keine Nacht- und Wochenenddienste mehr, die beeindruckende Lage inmitten der Natur und die Herzlichkeit der Menschen - nicht nur deshalb hat auch seine Frau „den Wechsel sehr befürwortet“. Oder wie sein sechsjähriger Sohn es nach einem Besuch am neuen Arbeitsplatz beschreibt: „Es ist schön bei Dir Papa, schöner als vorher.“
Da ist sie wieder, die Hand, die kurz über den braunen Vollbart streicht und dann ein Lächeln freigibt. Gefragt, warum sich sein neuer Job als Glücksgriff erwiesen hat, nennt Josef Reichl nicht einen Grund, sondern gleich drei: die Freude, die ihm die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung macht – auch wenn er vorher durchaus Respekt davor hatte; die gute Zusammenarbeit im Team sowie mit dem Geschäftsführer – und … „es passt halt einfach“.
In der Algasinger Werkstatt für Menschen mit Behinderung werden unter anderem Fußbodenheizungen montiert (Foto: Andreas Fuchs)
Der Landkreis Erding vergibt zusammen mit dem Kreisverein für Heimatschutz und Denkmalpflege Landkreis Erding zum 35. Mal die Fassadenpreise für besonders gelungene Neubauten und Sanierungen.